Anpassungsfähige Immobilienlösungen im Krankenhaussektor
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Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Betriebs- und Planungsstandards
Deutsche Krankenhäuser stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: teils veraltete Bausubstanz, steigende Anforderungen an Hygiene und Medizintechnik, begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen sowie der dringende Bedarf, digitale Lösungen zu integrieren. Spätestens die COVID-19-Pandemie hat offengelegt, dass viele Kliniken auf extreme Krisensituationen nur unzureichend vorbereitet waren – das muss sich in Zukunft ändern. Entscheidend ist daher eine modulare, skalierbare und workflow-adaptierbare Krankenhausinfrastruktur, die sowohl den Routinebetrieb optimiert als auch in Ausnahmesituationen resilient reagiert.
Anpassungsfähigkeit der Krankenhausinfrastruktur an sich wandelnde Gesundheitsanforderungen
Modulare Raum- und Infrastruktur-Nutzung
Multifunktionale Patientenzimmer: Stationäre Räume sollen multifunktional nutzbar sein und sich bei Bedarf schnell umwidmen lassen. Beispielsweise können Patientenzimmer durch geeignete Planung und Ausstattung in Isolations- oder Intensivzimmer umgewandelt werden. Höhere Decken und vorbereitete Anschlüsse ermöglichen es, in normalen Pflegezimmern kurzfristig die für eine intensivmedizinische Betreuung nötige Technik zu installieren. Einbett- oder Zweibettzimmer mit größerem Abstand und modularen Möblierungen erleichtern die Isolation von Patienten im Pandemiefall.
Mobile Trennwände zur räumlichen Reorganisation: Durch flexible Trennwandsysteme (z.B. faltbare Wände, mobile Stellwände) können Bereiche schnell neu aufgeteilt oder abgeschirmt werden. So lässt sich eine offene Station in kleinere Segmente unterteilen oder ein Behandlungsbereich temporär abgrenzen, ohne bauliche Maßnahmen. Diese Lösung bietet hygienische und organisatorische Vorteile, da Räume je nach Bedarf verkleinert, vergrößert oder separiert werden können.
Flexible Anschlüsse für Gas, Strom und IT: Eine technische Infrastruktur auf Schienensystemen oder Deckenträgersystemen stellt sicher, dass medizinische Gase, Stromversorgung und Netzwerk überall dort verfügbar sind, wo sie gerade gebraucht werden. Bereits in der Bauphase sollte dafür gesorgt werden, dass zusätzliche Versorgungsanschlüsse schnell und ohne große Umbaumaßnahmen installiert werden können. Dies ermöglicht es, Funktionsbereiche oder Bettenplätze kurzfristig mit Geräten auszustatten, ohne den Klinikbetrieb zu stören.
Erweiterbarkeit und Krisenreaktion
Temporäre Erweiterung der Bettenkapazität: Krankenhäuser müssen Konzepte vorhalten, um bei Patientenansturm (z.B. Pandemien oder Massenunfällen) rasch zusätzliche Betten in Betrieb zu nehmen. Eine Möglichkeit ist der Einsatz modularer Baueinheiten oder Provisorien: So wurde etwa am Rems-Murr-Klinikum Winnenden während COVID-19 binnen kurzer Zeit eine Bettenstation aus wiederverwendeten vorgefertigten Raum-Modulen geschaffen. Auch Zeltstrukturen oder die Reaktivierung von stillgelegten Stationen können als Puffer dienen, um vorübergehend mehr Patienten aufzunehmen.
Umnutzung nicht-klinischer Räume zu Pflegezonen: Bereiche, die im Normalbetrieb nicht der Patientenversorgung dienen (z.B. Rehabilitationsflächen, Tageskliniken, Schulungs- oder Konferenzräume), sollten im Krisenfall als Versorgungszonen dienen können. Planerisch ist vorzusehen, dass solche freien Flächen bei hoher Auslastung schnell umfunktioniert werden können – etwa indem Büros zu zusätzlichen Behandlungsplätzen umgerüstet oder Eingangshallen in Triage- und Wartezonen umgewandelt werden. Diese Nachnutzungskapazitäten erhöhen die betrieblichen Reserven für Ausnahmezustände erheblich.
Mobile Medizintechnik zur Soforteinsetzung: Zur Überbrückung von Engpässen ist ein Pool an mobilen medizinischen Geräten vorzuhalten. Transportable Beatmungsgeräte, Überwachungsmonitore und Infusionspumpen können auf Rollwagen schnell dorthin gebracht werden, wo sie gebraucht werden – ob in neu geschaffenen Improvisationsstationen oder zur Aufstockung bestehender Intensivbereiche. Wichtig ist hierbei auch ein IT-System, das den aktuellen Standort und Einsatzstatus dieser Geräte dokumentiert, um im Notfall keine Zeit zu verlieren. Durch die Standardisierung von Geräteanschlüssen (Strom, Sauerstoff, Datenschnittstellen) ist sichergestellt, dass mobiles Equipment überall im Haus angeschlossen werden kann.
Flexible Personal- und Ablaufgestaltung
Interdisziplinär geschultes Personal und Flexpools: Ein flexibler Personaleinsatz erfordert Mitarbeiter, die vielseitig einsetzbar sind. Dazu bauen viele Kliniken sogenannte Springer- oder Flexpools auf – Teams aus Pflegekräften und Fachpersonal, die bei Bedarf bereichsübergreifend einspringen können. Diese Mitarbeiter sind interdisziplinär geschult und kennen Abläufe in verschiedenen Abteilungen, sodass sie z.B. bei Ausfällen oder plötzlicher Arbeitsspitze in der Notaufnahme, auf Intensivstation oder Normalstation unterstütztend einsatzbereit sind. Durch regelmäßige Fortbildungen und Rotationen wird sichergestellt, dass das Personal in unterschiedlichen Szenarien handlungsfähig bleibt.
Softwaregestützte Dienstplanung nach Bedarf: Moderne Dienstplan-Software im Krankenhaus ermöglicht eine dynamische Personaleinsatzplanung. Anhand von Echtzeit-Daten (Belegung, Schweregrad der Fälle, Ausfallquoten) kann der Schichtplan laufend angepasst werden. So werden etwa bei steigender Patientenzahl zusätzliche Pflegekräfte aus dem Flexpool eingeplant, oder bei geringer Auslastung Dienste reduziert, um Überkapazitäten zu vermeiden. Digitale Tools wie KI-gestützte Dienstplanungsprogramme berücksichtigen Qualifikationen, Arbeitszeitmodelle und gesetzliche Vorgaben und erzeugen mit einem Klick bedarfsoptimierte Schichtpläne. Dies erhöht sowohl die Betriebseffizienz als auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter durch vorausschauende Planung und Transparenz.
Aufgabenverlagerung auf logistische und sekundäre Dienste: Ein flexibler Klinikbetrieb nutzt seine Support-Services optimal, um medizinisches Personal zu entlasten. Das bedeutet, dass Tätigkeiten wie Patiententransport, Botengänge, Bettenaufbereitung oder Verwaltungsaufgaben vermehrt von Transport- und Serviceteams oder durch technische Lösungen übernommen werden. Beispielsweise können fahrerlose Transportsysteme (AGVs) Laborproben, Wäsche oder Material automatisch zu ihren Bestimmungsorten bringen, was Personalwege einspart. Ebenso können administrative Dokumentationsaufgaben an speziell geschulte Schreibdienste ausgelagert werden, damit sich Pflegekräfte und Ärzte auf die Kerntätigkeiten konzentrieren können. Durch solche Aufgabenverlagerung und klare Prozessabstimmung bleiben die Abläufe auch unter Stressbedingungen effizient.
Gemeinsame Nutzung funktionaler Bereiche
Abteilungsübergreifende Diagnostik: Teure Großgeräte und spezialisierte Einrichtungen sollten maximal ausgelastet werden, anstatt in Silos zu arbeiten. In der Praxis bedeutet dies eine gemeinsame Nutzung von Radiologie, Labors und Funktionsdiagnostik über verschiedene Abteilungen hinweg. Ein zentrales MRI- oder CT-Zentrum kann z.B. Patienten aus der Notaufnahme, der Inneren Medizin und der Chirurgie nacheinander untersuchen, anstatt dass jede Abteilung eigene Geräte vorhält. Einheitliche IT-Systeme (PACS/RIS) und Organisationsprozesse erleichtern diese bereichsübergreifende Zusammenarbeit, vermeiden Doppeluntersuchungen und reduzieren Wartezeiten für Patienten.
Umwandlung von Ambulanzen in stationäre Bereiche: Viele Krankenhäuser verfügen über Tageskliniken oder Ambulanzbereiche, die abends oder am Wochenende ungenutzt sind. Bei Bedarf – etwa bei hoher Bettenauslastung – können diese Bereiche temporär zu stationären Pflegeeinheiten umgerüstet werden. Beispielsweise lassen sich Behandlungsräume mit wenigen Handgriffen in Patientenzimmer umfunktionieren (Mobile Betten, Trennwände, Notrufanlagen nachrüsten) und das Personal entsprechend aufstocken. Diese Dualnutzung von Ambulanzflächen erhöht die Flexibilität im Nutzungskonzept des Krankenhauses und bietet in Stoßzeiten zusätzlichen Raum für Patienten, ohne bauliche Erweiterung.
Geteilte Eingriffs- und Prozedurräume: Kleinere Eingriffsräume (z.B. Endoskopie, Katheterlabor, ambulante OPs) können abteilungsübergreifend betrieben werden. So könnte ein Endoskopie-Saal vormittags von der Gastroenterologie und nachmittags für ambulante chirurgische Eingriffe genutzt werden, anstatt zwei separate Räume vorzuhalten. Voraussetzung ist ein flexibles Belegungsmanagement sowie multifunktionale Ausstattung, die schnell an verschiedene Anforderungen angepasst werden kann. Durch geteilte Nutzung steigert das Krankenhaus die Auslastung dieser Räume und kann bei Engpässen (etwa wenn ein OP-Saal wegen Notfall blockiert ist) auf alternative Räumlichkeiten ausweichen.
Technologisch gestützte Flexibilität
Mobiler Zugriff auf HIS/CAFM: Die Digitalisierung ermöglicht es, klinische und technische Prozesse ortsunabhängig zu steuern. Pflegekräfte und Ärzte können per Tablet-PC auf das Krankenhausinformationssystem (KIS/HIS) zugreifen, Vitaldaten einsehen und Dokumentationen direkt am Patientenbett durchführen – das erleichtert die interdisziplinäre Kommunikation und erhöht die Dokumentationssicherheit. Gleichzeitig nutzen Techniker und Facility-Manager mobile CAFM-Apps, um Wartungsaufträge und Störungen sofort zu empfangen und abzuarbeiten. So erhalten z.B. die Haustechniker ihre Arbeitsaufträge von der Leitstelle direkt auf ein Tablet und können die Durchführung vor Ort digital bestätigen – lange Wege ins Büro entfallen, was die Produktivität erheblich steigert.
Digitale Raumbuchungs- und Planungssysteme: Durch den Einsatz von Raumbuchungssoftware wird die Nutzung von Besprechungs-, Untersuchungs- und Operationsräumen optimiert. Ein zentrales System (oft integriert ins CAFM oder HIS) zeigt in Echtzeit an, welche Räume frei oder belegt sind, und ermöglicht es, Ressourcen flexibel zuzuteilen. So können z.B. zusätzliche Konsilien in freie Räume eingeplant oder bei Ausfall eines OPs die Patienten auf andere Säle umverteilt werden. Solche Systeme unterstützen Flächenmanagement und Reservierung und stellen sicher, dass räumliche Kapazitäten effizient und bedarfsgerecht genutzt werden.
Flexibles Patienten-Monitoring und Infotainment: Technische Ausstattung am Bettplatz sollte modular erweiterbar und mobil sein. Moderne Patienten-Monitorsysteme erlauben ein zentralisiertes Monitoring, bei dem Vitaldaten der Patienten über Telemetrie an die Stationszimmer oder mobile Endgeräte des Personals gesendet werden. Dadurch kann das Pflegepersonal auch Patienten in anderen Bereichen oder in provisorischen Aufwachräumen im Blick behalten. Infotainment-Terminals am Patientenbett dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern lassen sich ebenfalls in die Klinikinfrastruktur einbinden – etwa um Video-Konsile durchzuführen oder Patientenaufklärung bereitzustellen. Diese Endgeräte können je nach Bedarf aufgestellt oder versetzt werden. Insgesamt schafft der intelligente Technikeinsatz die Möglichkeit, Stationen schnell technisch aufzurüsten oder umzustrukturieren, ohne dass feste Installationen jedes Mal neu eingebaut werden müssen.
Flexible Facility Services
Bedarfsgesteuerte Reinigung und Logistik per Workflow: Unterstützende Dienste im Krankenhaus (Reinigung, Transport, Ver- und Entsorgung) lassen sich durch digitale Workflows flexibel anstoßen und skalieren. Beispielsweise meldet das Entlass-Management dem System, wenn ein Patientenzimmer frei wird – daraufhin wird automatisch ein Reinigungsauftrag mit hoher Priorität an das zuständige Team ausgelöst. Ähnlich können Bestellungen von Verbrauchsmaterial oder Apothekenlieferungen elektronisch triggert und nach Wichtigkeit priorisiert werden. Eine zentrale Leitstelle behält den Überblick über alle offenen Aufgaben und passt Personalressourcen dynamisch an (z.B. mehr Reinigungskräfte bei gehäuftem Bettenumschlag). So wird gewährleistet, dass in Stoßzeiten schnelle Wiederaufbereitung und Transport erfolgen, während in ruhigeren Phasen keine Überkapazitäten vorgehalten werden müssen.
Mobile Reinigungs- und Desinfektionseinheiten: Für akute Anforderungen – etwa die rasche Desinfektion eines Isolationsbereichs – stehen mobile Einheiten bereit. Dies können Desinfektionsroboter (UV-C) sein, die selbstständig Räume desinfizieren, oder tragbare Vernebelungsgeräte, die flexibel in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden können. Solche mobilen Lösungen ergänzen die regulären Reinigungsprozesse und können bei Bedarf kurzfristig aktiviert werden, um z.B. einen zusätzlichen OP oder eine Notfallstation in Betrieb zu nehmen. Durch standardisierte Stecksysteme für Wasser, Strom und Abluft können diese Einheiten überall andocken, ohne feste Installationen.
Integrierte Arbeitsauftragssteuerung: Eine digitale Arbeitsauftragsverwaltung (z.B. im CAFM-System) bündelt alle technischen und infrastrukturellen Aufgaben und ermöglicht eine Priorisierung und Zuweisung in Echtzeit. Meldet ein Stationszimmer einen technischen Defekt oder einen Transportbedarf, wird dieser Auftrag in einer zentralen Maske erfasst und ist sofort für die zuständigen Teams sichtbar. Die technische Leitung oder ein Algorithmus kann die Tickets nach Dringlichkeit ordnen und an verfügbare Mitarbeiter zuweisen. Dabei sehen die Servicetechniker auf ihren mobilen Geräten alle relevanten Informationen und können den Status unmittelbar zurückmelden. Durch diese Transparenz weiß das Klinikpersonal jederzeit, wann z.B. ein Bettenabtransport erfolgt oder ein Gerät repariert wird. Die laufende Anpassung von Aufgaben und Routen (etwa Zusammenfassung mehrerer Aufträge in einem Gang) steigert die Effizienz erheblich und stellt sicher, dass kritische Aufgaben zuerst erledigt werden.
Gestaltung für zukünftige Umnutzung
Vorausschauende Infrastrukturplanung: Bei Neubau und Sanierung gilt es, Räumlichkeiten vorausschauend so zu planen, dass sie bei veränderten Anforderungen mit minimalem Aufwand anders genutzt werden können. Beispielsweise können Verwaltungsbereiche so ausgelegt sein, dass sie sich bei Bedarf in Pflegestationen umwandeln lassen (und umgekehrt). Dies beinhaltet Maßnahmen wie tragende Wände und Installationsschächte an den richtigen Stellen zu positionieren, ausreichend Fenster für Patientenzimmer einzuplanen und Aufzüge sowie Sanitäranschlüsse vorzuhalten. Flexibilität in der Umnutzung ist ein kritischer Faktor, denn wenn sich medizinische Bedürfnisse ändern, sollen Gebäudeteile mit überschaubarem Aufwand angepasst werden können – was langfristig Betriebs- und Investitionskosten spart.
Modulare Decken- und Bodensysteme: Technische Gebäudeausstattung (Elektrik, Lüftung, IT) lässt sich am besten durch modulare Deckensysteme und Hohlraumböden integrieren. Diese ermöglichen es, Nachrüstungen – etwa zusätzliche Kabeltrassen, Steckdosen, Gasleitungen oder Anschlüsse für neue Geräte – schnell und sauber durchzuführen. Idealerweise können Panels in der abgehängten Decke oder Doppelboden geöffnet werden, um neue Leitungen zu verlegen, ohne Wände aufzubrechen. Nachträgliche Umbauten werden so zum eingriffslosen Routineprozess, anstatt langwierige Baumaßnahmen mit Betriebsunterbrechungen zu verursachen. Krankenhäuser, die auf solche modularen Systeme setzen, können deutlich agiler auf neue medizinische Technologien reagieren.
Anpassungsfähige Oberflächen und Möblierung: Die Innenausstattung sollte so gewählt werden, dass Räume schnell umgestaltet werden können. Modulare Möbel – z.B. Schranksysteme auf Rollen oder variable Regalsysteme – erlauben es, Funktionsbereiche umzurüsten, ohne komplett neues Mobiliar anzuschaffen. Strapazierfähige, leicht austauschbare Oberflächenmaterialien (Böden, Wände) ermöglichen es, spezielle Bereiche wie OPs oder Isolierräume später woanders einzurichten, indem man z.B. zusätzliche Versiegelungen oder Antibeschichtungen aufbringt, ohne den ganzen Raum neu bauen zu müssen. Auch Standard-Türbreiten und Raumschnitte, die z.B. den Einbau von Pflegebetten oder medizintechnischen Großgeräten überall zulassen, gehören zur zukunftsorientierten Gestaltung. Insgesamt gilt: Demontierbarkeit und Standardisierung in der Ausstattung erhöhen die Nutzungsflexibilität der Klinikräume erheblich.